Wie Sie richtig zuhören

Gleich vorweg eine kurze Geschichte zum Thema Zuhören, die ich erdacht habe:

Danke fürs Zuhören!

Ein älterer Mann saß im Park und genoss die ersten warmen Strahlen der Frühlingssonne. Eine Frau näherte sich der Bank und setzte sich hin. Ihr Schluchzen ging in ein Weinen über, die Tränen liefen ihr über das Gesicht.

Der Mann räusperte sich kurz. Erst jetzt schien ihn die Frau zu bemerken. Sie sah ihn mit geröteten Augen an, der Mann erwiderte ihren Blick mit einem sanften Lächeln. Nachdem sie eine Zeit lang nur so dasaßen, begann sie zu erzählen. Zunächst zögerlich, schüchtern, dann immer befreiter. Ihr Gegenüber hörte still zu, sah sie tröstlich an, nickte zwischendurch verständnisvoll.

Die Frau vertraute ihm ihr schweres Schicksal an, das ihr so zu schaffen macht. Sie berichtete von dem Anruf, den sie vor wenigen Minuten erhalten hatte und der ihre geringe Zuversicht noch weiter schwinden ließ. Sie redete sich alles von der Seele. Der Mann hörte zu.

Je länger sie sprach, desto mehr entspannten sich ihre Gesichtszüge. Ja, sogar etwas Erleichterung war in ihrer Mimik zu erkennen. Ihr Mund zeichnete ein zaghaftes Lächeln. Nach über einer Viertelstunde blickte sie auf ihre Uhr und bekam es plötzlich eilig. Sie müsse noch zu einem Termin und sei schon spät dran. Sie trocknete ihre Augen, hielt kurz inne, sah den Mann an, umarmte ihn spontan und sagte mit gelöster Stimme „Danke fürs Zuhören!“. Er nickte und schenkte ihr ein freundliches Lächeln. Dann eilte sie davon.

Nachdem er noch eine ganze Weile auf der Bank gesessen und dem fröhlichen Vogelgezwitscher in den frischgrünen Bäumen gelauscht hatte, stand der stumme Mann auf und spazierte mit einem guten Gefühl weiter. 

© Burkhard Heidenberger

Richtig zuhören – alles andere als einfach!

Wir führen tagtäglich Gespräche, sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld.

Und genau in diesem Zusammenhang gibt es etwas, das ich zugegebenermaßen selbst erst relativ spät gelernt habe und worin ich mich immer noch übe: richtiges Zuhören.

Was ich darunter verstehe:

In einem Gespräch der anderen Person einfach NUR zuhören. Und zwar nicht – wie oft gewohnt –, um danach meine Meinung kundzutun, einen Ratschlag oder Tipp (ungefragt) zu geben, sondern zuhören mit dem alleinigen Zweck, den Menschen wirklich zu verstehen.

Das mag vielleicht banal klingen, kann aber meiner Meinung nach jede Beziehung bereichern und generell das Vertrauensverhältnis sowie die Verbundenheit immens stärken.

Dazu ein launiges Zitat (Zenon von Kition):

Die Natur hat uns nur EINEN Mund, aber ZWEI Ohren gegeben, was darauf hindeutet, dass wir weniger sprechen und mehr zuhören sollen.

Wann haben Sie Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin, Ihren Kindern, Kollegen, Mitarbeitern etc. in einem Gespräch einfach nur zugehört? Ohne zu unterbrechen oder in Gedanken bereits die eigene Meinung zu formulieren.

Vielleicht wollen Sie es ja ab heute mal eine Woche lang bewusst üben, etwa mit dieser Einstellung:

Anstatt: „Ich höre zu, um dann meine Meinung kundzutun.“

So: „Ich höre zu, um zu versuchen, mein Gegenüber wirklich zu verstehen.“

Lassen Sie die Gesprächspartner in ihrem eigenen Tempo erzählen, bis sie ausgesprochen haben – sogar, wenn sie Ihrer Meinung nach im Unrecht sind.

Sie werden vielleicht so wie ich die Erfahrung machen, dass achtsames, bewusstes Zuhören alles andere als einfach ist. Und Sie werden wahrscheinlich ebenso wie ich überrascht sein, wie es sich allgemein auf Gespräche und auf Beziehungen schon in kurzer Zeit positiv auswirken kann.

Achtsames Zuhören für einen bleibenden Eindruck

Wie Sie einem Menschen in einem Gespräch zuhören, hat auch Einfluss auf den Eindruck, den Sie bei dieser Person hinterlassen werden.

Dazu eine Überlieferung, die von einer Dame berichtet, die sich sowohl mit dem britischen Premierminister-Kandidaten (1868) Benjamin Disraeli als auch mit seinem Gegenkandidaten William Gladstone zum Essen traf.

Ihr Resümee fiel nach den beiden Treffen so aus:

„Nach dem Essen mit Mr. Gladstone dachte ich, ER sei die intelligenteste Person Englands. Nach dem Essen mit Mr. Disraeli dachte ich, ICH sei die intelligenteste Person Englands.“

Sicher hat für diesen gewonnenen Eindruck auch das jeweilige Zuhören-Können der genannten Gesprächspartner eine maßgebliche Rolle gespielt.


Übungen zum achtsamen Miteinander und Umgang mit anderen Menschen erfahren Sie im ZEITBLÜTEN-Downloadpaket „ACHTSAMKEIT: Wahrnehmen, wie schön das Leben ist“!


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Kommentare

  • ulrike barth

    DANKE! ich habe – wie so oft – viel gelernt und verstehe jetzt auch zum ersten mal die Dauerkritik meiner Tochter und meines Schwiegersohns.
    Es wird jetzt alles besser.

    U. Barth

    • Burkhard Heidenberger | ZEITBLÜTEN

      Gerne!