Stressampel: Wie Sie damit dem Stress auf die Spur kommen
Stress ist belastend. Wird er nicht abgebaut, reagiert der Körper mit Schmerzen oder anderen Beschwerden. Indem Sie Ihre Stressauslöser und Stressreaktionen erkennen, beugen Sie Stress effektiv vor.
Analog dem Schalten einer Ampel erfolgt auch die Stressentwicklung stufenweise. Carolin Wüllner erläutert in diesem Gastartikel, wie Sie mithilfe der Stressampel Ihre Stressmuster erkennen und in weiterer Folge Stress abbauen. Und hier können Sie eine Vorlage für ein Stressampel-Formular herunterladen:
Vorlage Stressampel-Formular
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Carolin Wüllner: Coach, Yogalehrerin, Autorin
Ein Gastbeitrag von Carolin Wüllner:
Wie können Sie Ihrem Stress auf die Spur kommen?
Wenn ich richtig unter Stress stehe, dann sagen mir meine Schultern Bescheid! Sie verspannen so sehr, dass sie steinhart werden.
Da hilft auch kein Yoga oder keine Massage allein, um die Verspannung gänzlich aufzulösen. Meine Schultern sind wie eine Warnblinkanlage im Auto, die mit rotem Leuchten verkündet, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Dann ist es an der Zeit, meinen Stress, mein Verhalten und meine Gedanken unter die Lupe zu nehmen und diese zu verändern. Erst dann löst sich die Verspannung vollkommen auf.
Was sagt Ihr Körper in Stresssituationen zu Ihnen?
Das eigene Warnblinklicht
Welcher Körperteil oder welches Körperorgan macht Sie darauf aufmerksam, dass Sie unter Stress stehen und Entspannung brauchen? Schließen Sie kurz die Augen und erinnern Sie sich an Ihre letzte Stresssituation.
Wo fühlen Sie den Stress im Körper?
- Dröhnt Ihr Kopf?
- Verspannt sich Ihr Nacken? Verspannen sich die Schultern?
- Schmerzt Ihr Rücken?
- Flattern Ihre Augen?
- Schlägt er Ihnen auf den Magen? Durchfall?
- Rast Ihr Herz?
- …
Haben Sie sich erinnert? Dann atmen Sie ein paar Mal tief durch, bewegen Sie sich und lösen Sie sich von der vergangenen Stresssituation.
Drei Fakten zum Stress
Bevor Sie erfahren, wie Sie den schmerzenden Stress wieder aus dem Körper herausbekommen, gibt es hier drei Fakten, die Sie über den so oft verteufelten Stress wissen sollten.
Fakt 1: Stress zu haben, ist in Ordnung
Stress ist eine natürliche Reaktion unseres Körpers:
„Das Herz rast, der Atem wird schneller, die Muskeln verspannen. Unter Stress reagieren wir mit einem alten biologischen Mechanismus, der uns fit macht, damit wir in einer schwierigen Situation bestehen können.“*
Stress spornt uns zur Höchstleistung an (z. B. vor einer Prüfung) und ist erst einmal positiv. In früheren Zeiten war er sogar überlebensnotwendig, um bei einer Bedrohung – z. B. durch ein Raubtier – schnell zum Kampf oder zur Flucht bereit zu sein.
Also: Stress zu haben, gehört zum (Über-)Leben dazu.
Fakt 2: Stress braucht Ausgleich
Das Problem beginnt dann, wenn der Stress sich häuft und den Organismus dauerhaft belastet und es gleichzeitig keinen Ausgleich – d. h. Stressabbau in Form von Erholung – gibt. Das hat mit unserem Nervensystem zu tun:
Das vegetative Nervensystem (vegetativ = nicht dem Willen oder dem Bewusstsein unterliegend) steuert viele lebenswichtige Körperfunktionen wie Atmung, Verdauung und Stoffwechsel. Es passt unseren Körper an wechselnde Bedingungen und Herausforderungen an, ohne dass wir bewusst etwas dafür tun müssen.
Das sympathische Nervensystem aktiviert den Körper, bringt ihn in Alarmbereitschaft und erhöht die Aufmerksamkeit. Bei Stress fließt z. B. der Atem schneller, der Blutdruck steigt. Wir sind bereit für Flucht oder Kampf, um Herausforderungen oder Bedrohungen zu bewältigen.
Das parasympathische Nervensystem wirkt entgegengesetzt und sorgt für Regeneration und Heilung. Wenn wir uns entspannen, wird es aktiv und bringt uns in einen Ruhezustand. Der Blutdruck sinkt. Die Atmung verlangsamt sich. Die Verdauungsaktivität steigt. Daher sind Entspannungstechniken so wohltuend und heilsam.
Also: Nach ANspannung (Stress) braucht es ENTspannung (Regeneration).
Fakt 3: Stress beginnt im eigenen Kopf
Stress ist individuell und hängt nur bedingt von äußeren Faktoren. Vielmehr spielt hier unsere Einstellung gegenüber den Dingen eine Rolle. Sogar die Art, wie wir Stress an sich bewerten, hat Auswirkungen darauf, ob er uns letztlich schadet oder nicht.
Wir können Stress betrachten
- als Freund, der hilft, Herausforderungen zu bewältigen,
- oder als Feind, der uns etwas Böses will.
Diese individuelle Betrachtungsweise ist hilfreich, denn so haben wir selbst Einfluss auf die Belastungswahrnehmung und sind dem Stress nicht komplett ausgeliefert.
Also: Ich beeinflusse, was stressig ist, und kann Stresssituationen somit verändern. Genau hier setzt das Modell der Stressampel an.
Stressmuster erkennen mit der Stressampel
Stressampel – Stress aufdecken
Das Modell der Stressampel von Prof. Dr. Gert Kaluza ist ein Wegweiser, um dem eigenen Stress auf die Spur zu kommen. So können Sie eingreifen, bevor Ihr Körper mit Schmerzen sein Warnlicht aussendet.
Die Stressampel zeigt drei Ansatzpunkte zur Stressbewältigung:
- Sie finden damit heraus, was in Ihnen Stress auslöst (Stressauslöser).
- Sie reflektieren, wie Sie selbst diesen Stress noch verstärken (Stressverstärker).
- Sie werden sich Ihrer Stressreaktion auf die vorherigen Punkte 1 und 2 bewusst (Stressreaktionen).
Drei Stressstufen – Auslöser und Reaktionen identifizieren
Um Ihren Stress aufzudecken und in weiterer Folge mögliche Wege aus dem Stress zu entwickeln, nutzen Sie am besten das Stressampel-Modell. Schreiben Sie hierzu Ihre Notizen auf ein Blatt Papier, in Ihren Kalender oder in ein Tagebuch.
Stressstufen |
Beispiele |
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1. Ich gerate in Stress … | Stressoren (=Stressfaktoren, innere und äußere Reize, die Stress verursachen) |
Beobachtung: Ich gerate in Stress, wenn …
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2. Ich verstärke den Stress … | Persönliche Stressverstärker | Reflexion: Ich setze mich selbst unter Stress, indem ich …
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3. Ich reagiere auf den Stress … | Stressreaktionen | Auswirkung: Wenn ich im Stress bin, dann …
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Wege aus dem Stress: Ihre Stellschrauben
Die Stressampel macht deutlich, dass Stress nicht plötzlich da ist, sondern sich Stück für Stück aufbaut. Bevor also Ihr Körper aufschreit, können Sie an mehreren Stellschrauben drehen und verschiedene Strategien anwenden:
- Sie entlarven Ihre Stressauslöser und reduzieren/eliminieren diese.
- Sie reflektieren Ihre Stressverstärker und verändern diese.
- Sie beugen Stressreaktionen vor und bauen Stress ab.
Hierzu können Sie wieder das Ampel-Modell heranziehen:
Vorbeugungs-stufen |
Stellschrauben |
Stressbewältigungs-Strategie |
Ich reduziere oder eliminiere Stressoren … | Stressoren reduzieren und ausschalten | Begegnen Sie Ihren Anforderungen aktiv:
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Ich ändere meine Stressverstärker … | Persönliche Stressverstärker bewusst machen, reflektieren und transformieren | Durchschauen Sie sich und entwickeln Sie nützliche Gedanken und Einstellungen:
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Ich gehe aktiv gegen Stress vor … | Stressreaktionen: Vorbeugen und bewältigen |
Bauen Sie Anspannung ab und Widerstandskraft auf:
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Zusammenfassung
Stress ist schädlich, wenn er dauerhaft ist und es keine Erholung als Ausgleich gibt. Dann reagiert der Körper mit Beschwerden oder Schmerzen.
Stress baut sich Schritt für Schritt auf. Er beginnt im Kopf und hängt von Ihrer persönlichen Einstellung und Bewertung ab. Somit beeinflussen Sie selbst, was Sie stresst, und können es verändern.
Mit der Stressampel arbeiten Sie präventiv gegen die schädlichen Auswirkungen von Stress und enttarnen Ihre Stressmuster.
Falls Sie der Stress mal wieder überwältigt und Ihr Körper Sie mit Schmerzen daran erinnern muss, zu entspannen, wissen Sie jetzt, an welchen Stellschrauben Sie drehen können.
Tipp: Krankenkassen bezuschussen Stressbewältigungskurse, Entspannungskurse und Yoga bis zu 80 %. Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach.
Zur Person
Carolin Wüllner arbeitet als Coach und Yogalehrerin mit Menschen, die unter Stress und körperlichen Beschwerden leiden.
In ihrem Buch „YogaBreak – Überleben im Büro“ bringt sie auf humorvolle und praktische Weise Entspannung und Bewegung ins Büro:
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