Standardisierung von Prozessen – ein Praxisbeispiel

Wie Sie in Ihrem Unternehmen durch Standardisierung von Prozessen eine hohe Qualität sichern und dabei strukturiert vorgehen, habe ich bereits in diesem Beitrag erläutert:

» Standardisierung von Prozessen: eine Schritt-für-Schritt-Anleitung

Nun stelle ich Ihnen den gesamten Prozess der Standardisierung an einem konkreten Praxisbeispiel vor. Die Standardiesierungsmaßnahmen wurden in einer PR-Agentur durchgeführt, die ich im Zuge der Büroorganisation bei der Optimierung der Arbeitsabläufe unterstützt habe.

Ziel: Standardisierung der Auftragsabwicklung

Ziel war es, die Auftragsabwicklung in der Abteilung der Agentur zu standardisieren.

Begonnen wurde mit der Erfassung des Istzustands unter Berücksichtigung aktueller Schwierigkeiten des entsprechenden Ablaufprozesses. Ebenso wurden Kritik/Reklamationen von Kunden und der im Prozess involvierten Mitarbeiter berücksichtigt.

Daraufhin wurde für jeden Punkt der gewünschte Sollzustand definiert, woraus schließlich die erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung dieses Sollzustands abgeleitet wurden:


Istzustand


Sollzustand


Maßnahmen/Vorlagen …

Den Kunden ist manchmal nicht bewusst, dass Start der Auftragsabwicklung erst nach Zahlungseingang erfolgt. Sie sind vielfach der Meinung, dass bereits nach Unterzeichnung des Auftrags gestartet wird.
Den Kunden ist klar, dass Start der Auftragsabwicklung erst nach Zahlungseingang erfolgt. Verkaufsabteilung muss das dem Kunden bereits vorab (schriftlich) kommunizieren.
Die für die Abwicklung vom Kunden erforderlichen Eckdaten werden telefonisch abgefragt. Dadurch sind schon mehrfach Missverständnisse, Fehler aufgetreten, die sich durch die gesamte Abwicklung gezogen haben. Projektteam hat alle für die Auftragsabwicklung erforderlichen Eckdaten schriftlich vorliegen.   Der Kunde erhält nach Unterzeichnung des Auftragsschreibens ein Frageblatt, mit dem alle für die Auftragsabwicklung relevanten Eckdaten abgefragt werden.
Projektteam muss bei Verkaufsabteilung manchmal erst nachfragen, welches Leistungspaket der Kunde gebucht hat und wann genau mit der Auftragsabwicklung begonnen werden muss.    Jedes Projektteam weiß, was der jeweilige Kunde bis wann genau erhält und wann der Projektstart erfolgt.  Projektteam erhält von Verkaufsabteilung zu jedem Kunden das unterzeichnete Auftragsschreiben (inkl. evtl. Sondervereinbarungen), aus dem das gebuchte Leistungspaket hervorgeht. Projektteam erhält von Buchhaltung umgehend Info, sobald Zahlungseingang vom Kunden erfolgt ist.
Kunden haben meist dieselben Fragen zum Ablauf.
Antworten auf diese häufigen Fragen werden dem Kunden frühzeitig gesammelt schriftlich übermittelt.  FAQ-Dokument zusammenstellen, welches dem Kunden bei Projektstart übermittelt wird.
Nach Übermittlung der FAQ erfolgt zeitnah (am folgenden Tag) ein Gespräch zur Klärung eventuell noch offener Fragen.
Den Kunden ist unklar, wo und wann die Publikation ihrer Fachbeiträge erfolgt. Kunden sind informiert, welcher ihrer Fachbeiträge in welchem Medium und wann genau veröffentlicht wird. Der Kunde erhält mind. eine Woche vor Veröffentlichungs-termin eine E-Mail, aus welcher der Titel des Fachbeitrags, das Publikationsmedium und der (voraussichtliche) Veröffentlichungstermin hervorgehen. Entsprechende Info zum Ablauf ist auch in den FAQ enthalten.
Kunden haben beanstandet, dass es keinen direkten Ansprechpartner gibt. Jeder Kunde hat einen direkten Ansprechpartner und zwei zusätzliche Kontakte (aus Projektteam), sollte der direkte Ansprechpartner zwischenzeitlich nicht erreichbar (in Besprechung, Urlaub etc.) sein. Ansprechpartner mit Kontaktdaten werden den Kunden in der Projektstart-E-Mail bekannt gegeben.
Nach Veröffentlichung des Beitrags kam es hin und wieder vor, dass ein Kunde mit dem Publikationsmedium nicht zufrieden war (z. B. unbefriedigende Reichweite). Jeder Kunde hat vor Veröffentlichung alle relevanten Informationen zum Publikationsmedium erhalten und hat diesen zugestimmt. Kunde erhält für jedes Publikationsmedium vorab die genauen Basisdaten (Reichweite, Zustellrate etc.) und muss die Nutzung des Mediums für seinen Fachbeitrag schriftlich freigeben.
Den Kunden wurde Hinweis auf Veröffentlichung ihres Beitrags oft erst nach deren Rückfrage mitgeteilt. Kunden werden zeitnah über Veröffentlichung informiert.  Kunden erhalten umgehend nach Veröffentlichung ihres Fachbeitrags entsprechende Info per E-Mail.
Kunden wollen gelegentlich nach Veröffentlichung noch Änderungen im (Online-)Beitrag > aufwendig und wird von einigen Portalen nicht akzeptiert. Änderungen/Korrekturen in den Fachbeiträgen sind nicht erforderlich. Beiträge werden intern einem Lektorat unterzogen. Im Anschluss erhält Kunde den Beitrag zur Durchsicht und schriftlichen Freigabe. Nach Freigabe sind keine Änderungen mehr möglich. Entsprechende Info geht auch aus den FAQ hervor.
Übersicht zu aktuellem Auftragsstatus bei jedem einzelnen Kunden nicht gegeben. Vor allem bei umfangreichen Aufträgen unbedingt erforderlich.  Jedes Teammitglied ist zu jedem Kunden über aktuellen Auftragsstatus informiert. Es wird ein zentrales Projektverfolgungsdokument eingerichtet, auf das jedes Teammitglied direkten Zugriff hat. Aus dem Dokument gehen für jeden Kunden der Buchungsumfang und der aktuelle Abwicklungsstatus/-fortschritt hervor.

 


Dokumentation der Standardisierung in einem Ablaufdiagramm

Auf Basis dieser Aufstellung wurde in der Abteilung die gesamte Auftragsabwicklung weitestgehend standardisiert und in einem Ablaufdiagramm dokumentiert:

standardisierung-praxisbeispielMit diesem realen Beispiel aus der Praxis habe ich Ihnen den beschriebenen Prozess der Standardisierung veranschaulicht.

Eine Standardisierung der Auftragsabwicklung in diesem Umfang war möglich, weil die einzelnen Abwicklungsschritte bei jedem Kunden mehr oder weniger identisch sind.

Dieses Beispiel lässt sich natürlich nicht genauso auf die Auftragsabwicklung in anderen Unternehmen übertragen, da die Anforderungen stets stark variieren, aber ist in abgewandelter Form wohl in einigen Unternehmen so möglich. Auch ist eine Standardisierung oft nur für bestimmte Einzelschritte/-abläufe durchführbar – also nicht für den gesamten Prozess.

Fakt ist: Standardisierungen sind weitaus häufiger möglich, als diese in der Praxis Anwendung finden. Das gilt sowohl für ein Büro eines Einzelunternehmers, als auch für Abteilungen eines Konzerns.

Standards skalieren

Ein weiterer wesentlicher Vorteil von Standards:

Sie lassen sich in der Regel skalieren.

So können in der genannten Agentur durch die Einführung des Auftragsabwicklungsstandards mehrere Kundenprojekte parallel abgearbeitet werden:

Die zwölf Mitarbeiter der Abteilung wurden in drei Projektteams zu jeweils vier Mitarbeitern unterteilt. Der definierte Auftragsabwicklungsstandard wurde auf alle Teams skaliert/übertragen.

Was damit erreicht wurde:

  1. merkliche Effizienzsteigerung
  2. Umsatzsteigerung
  3. Reduzierung der Fehlerquote
  4. höhere Kundenzufriedenheit
  5. Mitarbeiterabwesenheit (Krankheit, Urlaub) lässt sich einfacher kompensieren
  6. laut Mitarbeitern lässt sich „besser und angenehmer“ arbeiten

Eingeführte Standards sind natürlich nicht in Stein gemeißelt. So wie sich die Anforderungen im täglichen Geschäftsleben ändern können, ist auch eine Anpassung der Standards notwendig. Auf alle Fälle sollten diese hin und wieder hinterfragt werden, um eventuellen Anpassungsbedarf zu ermitteln.

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