Onlineschulung für Unternehmen: Praxisbeispiel & Konzept

Will ein Unternehmen erfolgreich sein, sich weiterentwickeln und konkurrenzfähig bleiben, sind gezielte und regelmäßige Schulungen des Personals, aber auch der Partner (z. B. Vertriebspartner) eine unerlässliche Maßnahme.

Auch Institutionen und Organisationen bieten ihren Mitgliedern durch ein entsprechendes Weiterbildungsangebot einen besonderen Mehrwert.

Es hat sich viel getan!

Die technologischen Entwicklungen insbesondere der letzten ca. 10 Jahre ermöglichen es, Aus- und Weiterbildung auch online effizient durchzuführen.

Noch wird das Potenzial, das Onlineschulungen bieten, in den wenigsten Unternehmen genutzt, denn vielen sind diese neuen Möglichkeiten gar nicht bewusst, andere scheuen einfach den Aufwand, den sie in der Etablierung eines Onlineschulungsangebots vermuten.

Ein Beispiel aus der Praxis

Um die Implementierung eines Onlineschulungssystems in ein Unternehmen zu veranschaulichen, stelle ich Ihnen folgend ein Beispiel aus der Praxis vor:

Es handelt sich um ein global agierendes Produktionsunternehmen mit mehreren internationalen Filialen und Vertriebspartnern.

Das Produkt: ein Rohrsystem, das weltweit in Bauprojekten zum Einsatz kommt.

Schulungs-/Lerngruppen:

  • Mitarbeiter in der Zentrale
  • Mitarbeiter in Filialen
  • Vertriebspartner (Verkäufer und Montagepersonal)
  • Planer (z. B. Architekturbüros und Ingenieurbüro, die das Rohrsystem in ihre Planungen einbeziehen)

Status quo:

Das Unternehmen hat bisher bereits großen Wert auf die Schulung des Personals und der Partner gelegt, allerdings ohne Onlineschulungen.

Die regelmäßigen Schulungen finden in der Zentrale statt. Dazu werden Mitarbeiter aus den verschiedenen internationalen Filialen sowie Partner eingeladen – mit dem damit verbundenen (Betreuungs-)Aufwand und Kosten wie Reise-, Unterbringungs-, Aufenthaltskosten etc.

Neben Grundlagen- und Produktschulungen für die unterschiedlichen Gruppen (s. o.) sind auch bei Neuentwicklungen entsprechende Einschulungen notwendig.

Sollzustand:

Es gilt, ein Blended Learning-System (Kombination aus E-Learning und Präsenzveranstaltungen) im Unternehmen zu etablieren. Ein Großteil der Schulungen – insbesondere der weltweiten Partner und Mitarbeiter – soll zukünftig online durchgeführt werden, um die Schulungskosten und den Betreuungsaufwand zu reduzieren.

Das Konzept: 6 Umsetzungsbausteine

Der Implementierungsprozess besteht grundsätzlich aus sechs Umsetzungsbausteinen und den jeweiligen Maßnahmenpaketen.

Für die Bausteine können jeweils eigene Arbeitsgruppen mit den entsprechenden Verantwortlichen eingerichtet werden. Der Projektleiter koordiniert die einzelnen Arbeitsgruppen.

Die Umsetzung der einzelnen Bausteine überschneidet sich teils bzw. erfolgt parallel. Deshalb müssen Schnittstellen bereits im Vorfeld klar definiert werden.

Hier die sechs Umsetzungsbausteine grafisch dargestellt:

Die einzelnen Bausteine etwas ausführlicher:

1. Schulungsplattform einrichten

Die Schulungsplattform bildet das Herzstück für die Abwicklung sämtlicher Onlineschulungen. Sie stellt quasi das Schulungsgebäude inkl. Inventar dar.

Auf dem Markt gibt es mittlerweile zahlreiche Anbieter. Für welche Software bzw. Plattform Sie sich auch entscheiden – sie sollte auf alle Fälle stabil laufen sowie leistungsstark und individuell anpassbar sein.

Für das genannte Fallbeispiel muss sie auch multilinguale Optionen bieten, sodass die Oberfläche den internationalen Schulungsteilnehmern jeweils in ihrer Sprache angezeigt wird.


2. Schulungen entwickeln

Wurden für das entsprechende Schulungsthema bereits Präsenzveranstaltungen (Seminare, Kurse, Workshops, …) durchgeführt, kann als Grundlage für die Entwicklung der Onlinemodule auf die vorhandenen Unterlagen zurückgegriffen werden.

Fragen, die es im Zusammenhang mit der Entwicklung der Onlineschulungen zu klären gilt:

  • Welche Themen sollen überhaupt online geschult werden? Natürlich sind nicht alle Themen für E-Learning geeignet – etwa wenn damit Fertigkeiten vermittelt werden sollen, bei denen unmittelbares Feedback durch Übungsbeobachtung durch den Dozenten erforderlich ist.
  • Lernzieldefinition: Welches Lernziel soll die jeweilige Lerngruppe erreichen?
  • Ist eine Unterteilung der Lerngruppen in Anfänger und Fortgeschrittene erforderlich?
    Wenn ja, gilt es, evtl. Kompetenzchecks zu erstellen, um eine entsprechende Vorselektierung und in weiterer Folge gezielte Schulung zu ermöglichen.
  • Methodik: Welche Schulungsmethodik soll zur Vermittlung des jeweiligen Lernziels zum Einsatz kommen (z. B. Selbstlernkurse, begleitete Online-Gruppenkurse, Frontalunterricht)?
  • Welche Formate sollen für die Schulungen eingesetzt werden (Erklärvideos, Webinare, interaktive Software, Screencasts etc.)?

3. Credit-System entwickeln

Das beste Online-Lernsystem bringt nicht viel, wenn es von der Schulungsgruppe nicht oder nur widerwillig angenommen wird. Zudem gibt es durchaus auch Themen, die vermittelt werden sollen, aber nicht besonders lernreizvoll sind.

Zum (Lern-)Leistungsnachweis und zur Förderung der Lernmotivation gilt es, ein sogenanntes Credit-System zu entwickeln – eine Art Belohnungssystem, das Leistungen und Qualifikationen dokumentiert und honoriert (Zertifikat, Bonus, …).

Die Fortschrittskontrolle kann beispielsweise über ein Reporting-Tool auf der Schulungsplattform erfolgen, die Leistungsüberprüfung und die Qualifikation per Wissensquiz mit definierter Lösungsquote.

Grundsätzlich gilt:

Je größer für die jeweilige Lerngruppe der individuelle Nutzen durch Absolvierung einer Schulung wahrgenommen wird, desto größer die Lernmotivation, desto „geringer“ kann die Belohnung ausfallen.


4. Informations-/Kommunikationskanäle einrichten

Schulungsteilnehmer und Interessenten müssen über anstehende, für sie relevante Schulungsangebote rechtzeitig informiert werden (z. B. per E-Mail, WhatsApp).

Zudem gilt es, eine zentrale Stelle (auf der Schulungsplattform) einzurichten, bei der sich Interessenten bei Bedarf selbst informieren können und beispielsweise Einblick in anstehende Schulungstermine haben.

5. Wissensdatenbank einrichten

Dieser Umsetzungsbaustein umfasst den Aufbau einer zentralen Wissensdatenbank, auf welche die User jederzeit Zugriff haben, um bei Bedarf aktuelle Unterlagen (z. B. Produktblätter, Produktvideos) und Lernmedien (z. B. Selbstlernkurse, Schulungsunterlagen) abzurufen.

In diesem Zusammenhang müssen auch Verantwortliche für die Pflege der Datenbank sowie Pflegezyklen bestimmt werden.

Nur eine Wissensdatenbank, die stets auf dem aktuellen Stand ist, bietet einen Mehrwert für die Nutzer.

6. Schulungen durchführen

Dieser Baustein stellt einen laufenden Prozess dar – mit dem Ziel, durch Optimierungen und Standardisierungen eine hohe Schulungsqualität und -effizienz zu erreichen.

Dazu ein Beispiel:

Für ein neues Schulungsthema wird zuerst für eine kleinere Lerngruppe ein Pilotkurs eingerichtet. Das daraus resultierende Teilnehmerfeedback dient zur Optimierung des Kurses, der nach entsprechender Adaptierung für eine größere Lerngruppe zugänglich gemacht wird. Der Kurs durchläuft mehrere Optimierungs-/Standardisierungsschleifen.

Fazit

Ob große international agierende Unternehmen, KMU, Institutionen oder Organisationen – die Schulung und Weiterbildung der Mitarbeiter/Mitglieder ist heute einfach ein Muss, um nicht auf der Strecke zu bleiben.

Diese Notwendigkeit ist den meisten Unternehmen durchaus bewusst, allerdings nutzen bisher nur die wenigsten die Möglichkeiten durch Onlineschulungen. Richtig entwickelt und eingesetzt, bieten Onlineschulungen ein großes Potenzial, um Personen ortsunabhängig kosteneffizient zu schulen.

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Kommentare

  • Jens

    Vielen Dank für den wirklich sehr informativen Beitrag. Besonders die Grafiken sind äußerst aufschlussreich.