Interview: Was es bei der Teambildung zu beachten gilt
Der Erfolg eines Unternehmens basiert auf mehreren Faktoren. Einen wesentlichen Faktor bilden die Mitarbeiter. Mitarbeiter arbeiten häufig in einem Team zusammen.
Ein homogenes und damit Erfolg bringendes Team zu bilden und zu leiten, ist keine einfache Sache und stellt viele Verantwortliche vor eine große Herausforderung.
Teambildung – oft eine Herausforderung
Der große Einfluss der Teambildung auf den Erfolg bzw. die Zielerreichung ist vor allem im Mannschaftssport gut ersichtlich.
So gibt es genug Beispiele aus der Sportgeschichte, in denen nicht die Mannschaft mit den besten Einzelspielern als Turniersieger hervorgegangen ist, sondern jene, bei denen die Einzelspieler am besten zusammengespielt haben – also die Mannschaft als Kollektiv harmoniert hat.
Noch spannender und alles andere als einfach ist die Bildung eines Operationsteams. Wenn es in einem OP-Team zu Konflikten und Störungen kommt, kann dies fatale Folgen für die Gesundheit des Patienten haben und im Extremfall sogar zu dessen Tod führen.
Deshalb habe ich zum Thema Teambildung den Experten Dr. Guido Schüpfer befragt.
Zur Person:
Dr. med. Guido Schüpfer, MBA HSG, PhD, Stabschef des Ärztlichen Direktors und Co-Chefarzt der Anästhesie im Luzerner Kantonsspital, Autor diverser Publikationen zum Thema Teammanagement im Operationssaal, Autor und Mitherausgeber des Buches OP-Management.
Teambildung-Tipps aus der Praxis
Herr Dr. Schüpfer, was macht für Sie das ideale Team aus?
Ein ideales Team (im OP, auf der Intensivstation) kann sachorientiert unter Ausklammerung von hierarchisch begründeten Positionen an Probleme herangehen. Es nutzt die Ressourcen aller effektiv und effizient.
Es gilt:
Die Performance eines ganzen Teams ist gleich der Summe der Fähigkeiten jedes einzelnen Teammitgliedes mal die Summe aller Verhaltensweisen der Teammitglieder.
Daraus wird klar, dass durch ein unkorrektes Verhalten eines Teammitgliedes die Performance des ganzen Teams ge- oder gar zerstört wird.
Wie gehen Sie bei der Zusammenstellung eines Teams vor, das möglichst diesem Ideal nahekommt?
Entscheidend ist eine bewusste Kommunikation, die geschult werden muss. Es gilt, teamfähige Mitarbeiter und Kader zu rekrutieren und auf Autisten und Autokraten zu verzichten.
Bei der Gewinnung und Erhaltung von Mitarbeitern wird der Grundstein für eine entsprechende Unternehmenskultur gelegt, die Wert auf gegenseitigen Respekt, Authentizität und Integrität legt.
Neben den erforderlichen fachlichen sind vor allem soziale Kompetenzen von einem Teammitglied gefragt. Wie erkennen Sie im Bewerbungsprozess, ob jemand teamfähig ist und auch in das Team passt?
Ärztliche Kader (also Chefärzte) durchlaufen bei uns ein strukturiertes und anspruchsvolles Assessment, bei dem beispielsweise das Führungsverhalten als individuelles Muster sehr gut herausgearbeitet wird.
Die in unsere Kultur passende Ausprägung eines Individuums entscheidet dann neben der fachlichen Kompetenz über eine Anstellung. Die Vorgesetzten in allen Bereichen sind die wichtigsten Träger der Unternehmenskultur und sie müssen daher sorgfältig evaluiert werden.
Nehmen wir an, Sie suchen ein neues Mitglied für Ihr OP-Team. Nun gibt es zwei Bewerber, die beide dieselben fachlichen und Team-Kompetenzen aufweisen. Wie gehen Sie beim weiteren Auswahlprozess vor?
Es gilt, den Mitarbeiter zu finden, der am besten zu uns passt. Weltoffenheit, Flexibilität und Leistungsbereitschaft sind die Eigenschaften, die man auf Grund des Lebenslaufes, der Zeugnisse, Referenzen und des persönlichen Eindruckes zu beurteilen hat.
Sollte das Team auch Mitbestimmungsrecht bei der Aufnahme eines neuen Mitglieds haben? Es muss schließlich auch mit dem neuen Mitglied zusammenarbeiten.
Nein! Mitarbeitergewinnung ist eine Führungsaufgabe.
Muss man sich im Team untereinander gut verstehen oder reicht es, wenn man sich gegenseitig „nur“ respektiert?
Gegenseitiger Respekt ist eine wichtige Voraussetzung. Professionelles Verhalten beruht hoffentlich nicht auf Sympathie oder Antipathie, sondern auf Kommunikationsregeln, welche die Bewältigung von schwierigen Situationen erst ermöglichen.
Hier kann uns die Fliegerei als Vorbild dienen: Piloten im Cockpit arbeiten häufig zusammen, ohne sich vorher schon begegnet zu sein. Sie müssen sich auf einer professionellen Ebene befinden und so die Sicherheit und die Zielerreichung garantieren. Das Gleiche gilt im Krankenhaus.
Sind (schriftliche) Verhaltensrichtlinien empfehlenswert, nach denen sich die Mitglieder richten sollen bzw. müssen?
Diese Beurteilung ist Sache des Vorgesetzten. Er muss den Mitarbeiter coachen oder schulen lassen, damit eine offene Teamkultur gelebt wird. Letztlich ist aber das oberste Kader (bei uns die Chefärzte) prägend für die Kultur in einem Unternehmen.
In einem Team steckt ja einiges an Konfliktpotenzial. Beispielsweise durch eine „schwammige“ Teamhierarchie, Statusansprüche, Konkurrenzdenken, Cliquenbildung. Solche Konflikte können insbesondere in einem OP-Team verhängnisvolle Folgen für den Patienten haben. Welche Möglichkeiten gibt es, solche Konflikte bereits im Keim zu ersticken?
Mobbing scheinen Sie mir hier anzusprechen und dieses entsteht immer in einem Führungsvakuum. Klare Führung fordert Sachorientierung, Professionalität, Respekt und Anstand.
Klare Führung ist die beste Mobbingprävention.
Wie gehen Sie vor, wenn es ein „Störmitglied“ gibt, das die Arbeit im Team negativ beeinflusst? Ein kurzfristiger Austausch ist ja nicht immer möglich.
Man kann Mitarbeiter nach ihrem Können und Wollen einteilen.
- Mitarbeiter, die wollen, aber nicht können, muss man vielleicht nachschulen etc.
- Mitarbeiter, die nicht wollen, aber sehr wohl könnten, sind eigentlich in einer Verweigerungshaltung. Dann gilt es, die Frage nach den Gründen zu stellen.
Mitarbeiter, die nicht können und nicht wollen, von denen muss man sich trennen. Manchmal kann man das nicht, dann muss man die Person halt so weit wie möglich schadlos stellen.
Wie kann man das Wir-Gefühl stärken, das Zusammenwachsen einer Gruppe zu einem Team fördern?
Es muss von den Vorgesetzten vorgelebt und eingefordert werden!
Was halten Sie von außerbetrieblichen gemeinsamen Unternehmungen? Sollten diese bewusst forciert werden, um das Gemeinschaftgefühl zu stärken, oder kann hier der Schuss auch nach hinten losgehen? Denn nicht jeder möchte sich auch außerhalb der Arbeit mit Kollegen treffen.
Es kann gut sein, den Teamspirit über die Pflege des sozialen Netzes zu fördern, aber es ist nicht immer jedermanns Sache, sich auch noch in der Freizeit mit den Arbeitskollegen zu treffen.
Viele Seminaranbieter haben beispielsweise Outdoortrainings zur Teamstärkung im Programm. Was halten Sie von solchen Angeboten bzw. haben Sie ein solches für Ihr Team bereits genutzt?
Nein. Ich plädiere für sachbezogene Trainingsaufwendungen seitens des Betriebes. Wir investieren viel in die Kommunikationsschulung. Outdoorevents bieten auch Risiken, die wir nicht eingehen wollen.
Stichwort Teamentscheidungen. Gibt es solche oder liegt die Entscheidung schlussendlich immer beim Teamleiter, der schließlich auch die Verantwortung trägt?
In der Patientenbehandlung gibt es klare Verantwortlichkeiten. Bezüglich der interdisziplinären Zusammenarbeit und Prozessgestaltung werden Erfolge nur bei adäquater Abstützung möglich.
Welche Anforderungen werden an den Teamleiter gestellt und welche Qualifikationen erwartet?
Führungsaufgaben im Krankenhausumfeld sind komplex und anspruchsvoll. Ich glaube, die herausragenden Merkmale für erfolgreiche und akzeptierte Kader sind: ein positives Menschenbild, Flexibilität, Engagement, Authentizität und Integrität.
Wie wird man zum Teamleiter? Sollte dieser von oberer Ebene ernannt werden oder gar vom Team selbst gewählt werden?
Das kann eine Arbeitsgruppe machen. Die Besetzung von Kaderstellen ist kein basisdemokratisches Unterfangen, sondern eine Führungsentscheidung, die auch von der handelnden Führungskraft zu verantworten ist. Natürlich sucht man einen passenden Teamleiter, aber auch jemanden, der Resultate erreicht.
Eine abschließende Frage: Wie würden Sie vorgehen, wenn Sie aus einer „bunt zusammengewürfelten“ Gruppe kurzfristig ein Team zur Erreichung eines vorgegebenen Zieles bilden müssten?
Ich versuche prinzipiell, auf den Stärken der Einzelnen aufzusetzen, und orientiere mich nicht an deren Schwächen.
Herzlichen Dank, Herr Dr. Schüpfer!
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Ausgezeichnetes Interview!
Dem kann ich mich nur anschließen!
Vielen Dank für das Feedback!
Ganz tolle Ausführungen. Ihre Seite ist super, werde diese meinem Team empfehlen. Viele wichtigen Dinge werden hier angesprochen. Viele vielen Dank!
Freut mich, Frau Kollek!
Sehr informatives Interview! Ich habe nur eine Sache, die ich nicht gut finde. Man sollte nicht diskriminieren, auch wenn ich Herrn Dr. Schüpfer nichts Böses unterstelle. Ein Autist ist häufig ein hochspezialisierter, fokussierter Mensch. Hier wird die Bezeichnung im Sinne von Beschränkung mir zu salopp gewählt. Das finde ich herablassend!