Der Traum des Königs
Mit Worten kann man viel bewirken, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Aus der Emotion heraus können beleidigende Worte schnell über die Lippen kommen. Solche Worte lassen sich nur sehr schwer wieder zurücknehmen. Auch mit einer Entschuldigung bleibt oft lange ein fahler Nachgeschmack. Dazu passend zwei chinesische Weisheiten:
Wer wütend ist, verbrennt oft an einem Tag das Holz, das er in vielen Jahren gesammelt hat.
Es ist schwer, verschüttetes Wasser wieder einzusammeln.
Auch wenn es nicht immer leichtfällt, Worte vorher zu überlegen, sollten wir sie insbesondere in heiklen Situationen mit Bedacht wählen. Dazu eine passende Geschichte von Nossrat Peseschkian (iranisch-deutscher Psychotherapeut, geb. 1933):
Ein König hatte einen beunruhigenden Traum. Darin sah er, wie ihm alle Zähne ausfielen. Besorgt ließ er seinen Traumdeuter kommen. Der König erzählte ihm von seinem Traum. Der Traumdeuter hörte ihm aufmerksam zu, dann sprach er zum König:
„Mein König, ich muss Ihnen leider eine schlimme Nachricht mitteilen. Sie werden alle Ihre Angehörigen und Freunde nacheinander verlieren – genauso wie im Traum Ihre Zähne.“
Der König wurde wütend und ließ den Traumdeuter in den Kerker werfen. Dann holte er einen anderen Traumdeuter zu sich. Auch diesem erzählte er seinen Traum und fragte ihn, was dieser Traum wohl zu bedeuten hätte.
„Mein König, ich bin froh Ihnen eine freudige Mitteilung zu machen. Sie werden älter werden als all Ihre Angehörigen. Sie werden sie alle überleben.“
Der König war ob der Botschaft glücklich und belohnte den Traumdeuter.
„Aber du hast dem König doch nichts anderes mitgeteilt, als der Traumdeuter, der jetzt im Kerker sitzt. Warum hat dich der König so reich belohnt?“, wollten die Menschen wissen.
Der Traumdeuter antwortete: „Stimmt, den Traum haben wir beide gleich gedeutet. Aber es kommt immer darauf an, wie man etwas sagt.“