Das schlaue Häschen
In einem weiten Land lebte einst ein wilder Löwe. Alle Tiere fürchteten sich vor ihm. Sie zitterten, wenn er wieder auf die Jagd ging und jedesmal einen von ihnen mitnahm.
Eines Tages versammelten sich die Tiere und beschlossen, dass in Zukunft gelost wird, wer dem Löwen geopfert werden sollte. Damit wollten sie etwas Ruhe und Sicherheit. So gingen sie zum Löwen und erklärten ihren Beschluss:
„Oh unser König, wir möchten dir die Mühe der Jagd ersparen und deshalb wird sich in Zukunft ein Freiwilliger melden, den du fressen kannst.“
Der Löwe war einverstanden.
Und so traf es eines Tages das Häschen. Das Häschen aber stellte sich stur und wollte nicht zum Löwen. Schließlich konnten es die anderen Tiere doch überreden. Es machte sich auf dem Weg, trödelte, hoppelte hierhin, hoppelte dorthin und hatte überhaupt keine Eile.
Als es schließlich zum Löwen kam, brüllte dieser wütend: „Wo bleibst du denn so lange? Ich habe Hunger, komm her!“
Das Häschen machte mehrere Verbeugungen und zeigte sich betroffen: „
Sehr geehrter Löwe, meine Verspätung tut mir schrecklich leid. Aber auf dem Weg hierher ist mir ein anderer Löwe begegnet. Auch er wollte mich fressen. Was habe ich mich gewehrt und gekämpft, bis ich ihm entkommen konnte. Ich schwitze immer noch vor Angst und Anstrengung. Sieh nur.“
Das Häschen zeigte auf sein feuchtes Fell.
„Waaass? Ein anderer Löwe? Wo ist er?“, fauchte der Löwe.
Das Häschen zitterte: „Ich will ihn dir zeigen. Übrigens hat dieser Löwe gesagt, sollte er auf dich treffen, dann wirst du schon sehen, wer der Stärkste ist.“
Der Löwe wurde noch wütender und folgte dem hoppelnden Häschen.
Sie kamen zu einem Brunnen. Das Häschen zeigte zum Brunnen und flüsterte: „Hier ist er vorher herausgesprungen.“
Der Löwe stürmte fauchend zum Brunnen und sah dort sein Spiegelbild. Er sprang hinein und wollte seinen Gegner zerreißen.
Das Häschen hoppelte zu den anderen Tieren und erzählte ihnen von dem Vorfall. Endlich hatten sie Ruhe und brauchen keine Angst mehr zu haben.
Es gab ein großes Fest zu Ehren des kleinen Hasen.
Nach einem afrikanischen Märchen, frei nacherzählt.