Martin Krengel: Einfacher lernen und Topnoten erzielen
Warum fällt das Lernen in der Schule, im Studium und selbst im Beruf so schwer?
Gastbeitrag von Lerncoach Martin Krengel:
Das Gesetz des Hammers
Meist sind Lernschwierigkeiten und Prüfungsangst auf falsche Lerngewohnheiten zurückzuführen, die man sich in den ersten Schuljahren angeeignet hat. Damals waren Fakten gefragt, die man sich einprägen und wiedergeben musste. Man testete, wie gut Schüler auswendig lernen konnten.
Wer damit Erfolg hatte, entschied sich fürs Abi und Studium. Doch der Lernstoff wird dann komplexer, Verständnis, Strukturierung, Überblicks- und Selektionskompetenzen sind nun gefragt. Wer weiterhin auf dieselbe Art und Weise lernt, verschenkt Potenzial.
Es gilt das „Gesetz des Hammers“:
Haben wir nur einen Hammer in der Werkzeugkiste, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Man haut immer drauf, versucht, Probleme immer mit derselben Technik zu lösen.
So lernen die meisten Prüflinge immer noch sehr mechanisch, indem sie seitenweise eintönige Notizen erstellen und sich Infos, Fachwörter oder Vokabeln dann immer wieder durchlesen oder vorsprechen. Damit soll das Wissen „eingehämmert“ werden. Doch damit ist der Lernstoff zu kahl, nicht merk-würdig genug.
Bereits 1972 veröffentlichten die Lernforscher Craik und Lockhart ihre Idee von der Verarbeitungstiefe.
Demnach ist die Behaltensquote umso besser, je vielseitiger und abwechslungsreicher (je „tiefer“) der Lernstoff verarbeitet und gelernt wird.
5 Schritte für einen tollen Lern-Werkzeugkoffer
Folgende fünf Lernprozesse sind aus meiner Sicht hierfür essenziell:
1. Überblicken / Das Global Picture suchen
Einen Text von vorn bis hinten gründlichst zu lesen, ist keine gute Idee. In der Regel muss man einen Fachtext mindestens dreimal lesen, um ihn wirklich zu verstehen.
Das erste Durchblättern dient dem Überblick. Das zweite, zügige Lesen schafft Verständnis. Das dritte Lesen erschließt dann die wichtigsten Textstellen im Detail (und nur die).
Ein guter Workflow beim Erarbeiten von Sachtexten sieht zum Beispiel so aus:
- 10 Minuten Überblick verschaffen (Durchblättern, Überschriften und Fettdrucke lesen, Grafiken ansehen).
- 45 Minuten zügig lesen. Was man nicht versteht, sollte man erstmal überspringen. Wenn es wichtig erscheint, eine kleine Schlängellinie an den Rand machen, damit man es später in Ruhe durchdenken kann.
- Danach das Wichtigste notieren oder eine „Strukturkarte“ zeichnen (diese verdeutlichen den Aufbau der Argumentation).
Durch die Abwechslung der Tätigkeiten kann man seine Konzentrationsspanne recht gut auf ca. 1,5 Stunden ausdehnen. Doch spätestens dann ist eine Pause von ca. 20 – 30 Minuten ratsam.
2. Strukturieren
Wer Texte und Informationen zuordnet, abgrenzt und strukturiert, denkt intensiver („tiefer“) nach. Studien zeigen, dass z. B. die Erinnerung für Fachbegriffe bzw. Vokabeln dreimal so hoch sein kann, wenn diese in sinnvolle Oberkategorien sortiert werden.
Also: Immer wieder Zusammenhänge nachvollziehen, kleine Grafiken aufmalen, Mindmaps oder Strukturkarten zeichnen oder Tabellen erstellen.
Betrachten Sie zudem jede Notiz zunächst als vorläufig. Das nimmt die Anfangshemmung. Je schneller man das, was man einmal gedacht hat, wieder umschupsen und neu strukturieren kann, desto schneller ist Klarheit geschaffen. Haben Sie keine Scheu davor, diesen Prozess zwei- oder dreimal zu durchlaufen.
Die treffende Präsentationsstruktur, die wirklich zündende Idee und der perfekte Text entstehen erst durch den Mut zum Loslassen.
3. Verbalisieren
Lernende haben häufig das Gefühl, dass sie etwas verstanden haben – bis sie es in der Prüfung erläutern oder aufschreiben müssen.
Eine Prüfung misst nicht nur Fachwissen, sondern auch, wie gut man dieses im Hinblick auf eine bestimmte Wiedergabeform (Aufsatz, Vortrag, Klausuren) verpacken kann. Prüfer, Chefs, Zuhörer und Leser hören und sehen nur das, was Sie aussprechen, niederschreiben und auf den Punkt bringen – nicht Ihren Aufwand oder Ihre inneren Gedanken.
Planen Sie deswegen unbedingt ausreichend Zeit für das aktive Anwenden der Inhalte durch Reden, Schreiben und Diskutieren ein.
4. Kodieren
Trotz der zunehmenden Betonung auf Wissen und Zusammenhänge, gibt es immer wieder Dinge, die auswendig gelernt werden müssen (Zahlen, Namen, Abkürzungen, Fachwörter und Vokabeln).
In diesen Fällen müssen wir die Begriffe nicht stur in uns hineinhämmern, sondern das passende geistige Werkzeug im Sinne eines passenden Bildes suchen.
Ich nenne das „Visual Codes“. Das sind kleine Skizzen, mit denen trockene Fachworte lebendig werden. Würden Sie Informationen nur stur vor sich hersprechen, würden Sie nur den auditiven Lernkanal nutzen. Wenn Sie Bilder dazu skizzieren, nutzen Sie hingegen gleichzeitig auch den visuellen und über die Bewegung des Stiftes auch noch den haptischen Lernkanal. Dreifach hält einfach besser! Wetten?
5. Reduzieren
Viele Infos, wenn einmal begriffen, müssen eigentlich nicht wiederholt werden, weil wir sie uns nun logisch herleiten können. Wir benötigen nur noch Stichworte, die uns an wichtige Punkte erinnern und einen Leitfaden, der uns durch die Klausur, mündliche Prüfung oder das Referat führt.
Am besten Sie verdichten den Lernstoff zu einer “Survival-Summary”, die die wichtigsten Informationen auf nur einer Seite zusammenfasst. Diese Zusammenfassung sollte die Struktur des Themas, wichtige Fakten und ein paar markante Skizzen bzw. Billdchen enthalten. So kann man sich sicher sein, dass man alles im Blick behält.
Zur Person:
Martin Krengel hat selbst sowohl sein Abitur als auch zwei verschiedene Studiengänge (Wirtschaft und Psychologie) „mit Auszeichnung“ abgeschlossen. Als Trainer und Redner hat er über 4.000 Schüler und Studenten in ganz Deutschland und der Schweiz gecoacht.
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